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Wann
26.10.18 – Beginn: 19:00 Uhr

Wo
Universität Osnabrück, EW-Gebäude Raum 15/130

Veranstaltungskategorie(n)


Am 29. Oktober 1918 meuterten Matrosen der Großkampfschiffe ›Helgoland‹ und ›Thüringen‹ auf Schillig-Reede vor Wilhelmshaven. Die Matrosen der Kaiserlichen Marine verhinderten damit einen eigenmächtigen Flottenvorstoß der Seekriegsleitung gegen die britische Grand Fleet. Zwar konnte die Befehlsverweigerung militärisch unterdrückt werden, doch als Teile der Flotte nach Kiel verlegt wurden, entwickelte sich dort aus der Meuterei eine Revolte. In Windeseile erfasste der Aufstand das gesamte Reichsgebiet.
In Rüstringen/Wilhelmshaven läuteten Demonstrationen mit mehr als 20.000 Marineangehörigen am 6. November 1918 das Ende der alten Ordnung ein. Ohne Blutvergießen übernahm ein Arbeiter- und Soldatenrat die Geschicke und bestimmte aus seinen Reihen den 21-er Rat, in dessen Händen die vollziehende Gewalt lag. Zum Vorsitzenden wurde Bernhard Kuhnt gewählt, der seit 1917 der USPD angehörte.
Am 10. November 1918 verkündete der 21-er Rat in Wilhelmshaven den Freistaat Oldenburg und ernannte Bernhard Kuhnt zum Präsidenten. Doch schon bald erhielt die revolutionäre Begeisterung einen Dämpfer, als sich mit den Wahlen zur Nationalversammlung am 19.1.1919 die Mehrheitsverhältnisse in der Jadestadt und Oldenburg zeigten. Der größte Teil der Bevölkerung stimmte für die SPD oder andere bürgerliche Parteien und nicht für die USPD.
Nun traten die Kommunisten in Aktion, die ohnehin nicht an Wahlen interessiert waren. Am 22. Januar kam der linksradikale Lehrer Karl Jörn mit einigen Getreuen aus Bremen nach Wilhelmshaven. Gerüchte, dass die Linksradikalen eine ›proletarische Revolution‹ in der Jadestadt vom Zaun brechen wollten, waren schnell im Umlauf und Kuhnt und der 21-er Rat vom bevorstehenden Umsturz unterrichtet. Kuhnt selbst verließ Wilhelmshaven, während der Rat es unterliess, das für die Sicherung der Stadt aufgestellte ›Arbeiterbataillon‹ zu alarmieren.
In den frühen Morgenstunden des 27.1.1919 besetzten kommunistische Kampftrupps wichtige Gebäude und übernahmen als ›Revolutionäres Komitee‹ das Kommando.
Die Bevölkerung stellte sich gegen den Putsch. In den Werften wurde weitergearbeitet, während sich die Arbeiterführer gegen die bewaffnete Aktion der Kommunisten aussprachen. Die Angestellten der öffentlichen Verwaltung, der Bahn und der Post beschlossen, in einen Proteststreik zu treten. Der 21-er Rat wurde aufgefordert, auf das ›Revolutionäre Komitee‹ einzuwirken, sich zurückzuziehen und aufzulösen. Dies schien auch auf gutem Wege, doch den Ausgang der Verhandlungen wollten Berufssoldaten und Offiziere der ehemaligen kaiserlichen Marine nicht abwarten. Einige hundert von ihnen fanden sich unter Beteiligung des Korvettenkapitäns Hermann Ehrhardt zusammen und marschierten zur Tausend-Mann- Kaserne, wo sich die Linksradikalen verschanzt hatten. Am Abend griffen die Offiziere das Hauptquartier der Kommunisten mit Geschützen und Maschinengewehren an. Es folgte ein Kampf, der acht Tote und viele Verwundete zu Folge hatte. Am Morgen des 28. Januar ergaben sich die Aufständischen. Mit der Einnahme der Kaserne war Putsch beendet und der 21-er Rat durch seine Tatenlosigkeit kompromittiert. Überraschend marschierten Regierungstruppen am 20.2.1919 in Wilhelmshaven ein und setzten den Rat endgültig ab.
Eine proletarische Revolution fand also nicht statt – hat es deshalb gar keine richtige Revolution gegeben? Immerhin hatte der November 1918 die Republik zur Folge, die wiederum von der nationalsozialistischen Diktatur 1933 beendet wurde. Lag dieses Ende schon im Anfang angelegt? Was bedeutet diese Geschichte für heute?