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Des Geyers Schwarzer Haufen

Bauernkrieg in Franken

„ … Wir hoffen fest auf die Gnade Gottes, und so haben wir das Kloster Bildhausen eingenommen und unser Lager hier aufgeschlagen. … Wir wollen ungerechte und ungebührliche Beschwernisse abschaffen. … Wir wollen, dass die Obrigkeit und die Herrschaften mit uns gebührlich und gemäß der evangelischen Lehre handeln. …“

Sätze aus einem Flugblatt im April 1525, als der Aufstand das Land ergriff.

Die Kunde zog immer mehr Unzufriedene an, bald war ihre Zahl auf einige Tausend angewachsen. Sie wussten, dass ihre politische Wirksamkeit von ihrer militärischen Stärke abhing. Proviant, Zelte und Waffen wurden herbeigeschafft, Leutnante, Feldwebel usw. ernannt. Zu ihren Hauptleuten wählten sie den Schreiner Hans Schnabel und den Bauern Hans Schaar.

Doch wichtige Fragen entschieden sie weiterhin gemeinsam im Ring, in dem die „Gemeine Versammlung zu Bildhausen“ am den 6. Mai 1525 ihr Programm beschloss. Da heißt es u.a.: Wenn Juden in die Versammlung des Haufens begehren, so ist es des ganzen Lagers ernste Meinung, sind diese ohne Vorbehalte und aus freien Stücken aufzunehmen.“

Der Bildhäuser Haufen war eine Macht in Mittel- und Unterfranken bis nach Meinigen. Die Stadt stand im Bündnis mit den Aufständischen. Bauernheere hatten sich aber allerorts gebildet. Eine große Rolle spielte der aus 12.000 Mann bestehende Helle Lichte Haufen, dessen Führung am 27. April der zwielichtige Götz von Berlichingen übernommen hatte. Innerlich verband diesen Raubritter und Söldner nichts mit dem Aufstand, er hatte sich einfach gegen Bezahlung zur Verfügung gestellt. Aus ganz anderem Holz war der fränkische Adlige Florian Geyer geschnitzt. Ein Idealist, der aus freien Stücken den Schwarzen Haufen aufstellte. Rund 800 Kämpfer in schwarzer Kleidung, eine art Elitetruppe des Aufstandes. Mit ihnen war Geyer zunächst dem Hellen Lichten Haufen beigetreten. Wenig später wechselte der Schwarze Haufen zum Fränkischen Heer, einer anderen Koalition der Rebellion.

Der Sieg in Franken war nahe! Vertreter von Klerus und hochrangigem Adel hatten sich auf die Festung Marienberg bei Würzburg geflüchtet, während die Stadt auf die Seite des Aufstands getreten war.

Eine aus den fränkischen Bauernhaufen bunt zusammengewürfelte Streitmacht begann am 14. Mai 1525 eine erfolglose Beschießung der Festung. Ungeachtet dessen erfolgte am folgenden Tag ein Sturmangriff, der unter hohen Verlusten scheiterte.

In diesen Tagen ging die Kunde von der Vernichtung großer Bauernheere im württembergischen Böblingen (12. Mai), im thüringischen Frankenhausen (15. Mai) und im elsässischen Zabern (17. Mai) durchs Land.

Waren die Bauernheere zunächst auf überraschte und lediglich regional orientierte Fürsten getroffen, änderte sich nun die Situation. Starke fürstliche Armeen erschienen auf den Kriegsschauplätzen und errangen einen Sieg nach dem anderen. Auch hatte sich Luther in seiner Schrift Wider die Mordischen und Reubischen Rotten der Bawren gegen den Aufstand gestellt. Daraufhin begannen sich Bauern Haufen aufzulösen. Zu denen, die beieinander blieben und sich im Gegenteil noch radikalisierten, zählte der Bildhäuser Haufen. Erbittert über die Nachrichten von den Massakern fürstlicher Truppen und die Hinrichtung des revolutionären Predigers Thomas Müntzer, blieben sie unter Waffen.

Da erreichte den Haufen am 2. Juni 1525 ein Hilferuf aus Meiningen. Fürstliche Truppen näherten sich der Stadt. Mit 7.000 Kämpfern machte sich das Bauernheer auf. Bereits am nächsten Tag wurde eine Vorhut bei Dreißigacker, westlich der Stadt, von Einheiten des Grafen von Henneberg angegriffen. 40 Aufständische wurden getötet, und die Söldner erbeuteten etliche Transport- und Weinwagen. Berauscht vom erbeuteten Wein, glaubten die fürstlichen Schergen an einen leichten Sieg.

Als anderen Tags die Hauptmacht des Bildhäuser Haufens eintraf und auf einer Berghöhe bei Meiningen begann, eine Wagenburg zu formieren, wollten sich die fürstlichen Heerführer die Gunst des Augenblicks nicht entgehen lassen.

Schweren Geschütze eröffneten das Feuer. Krachend zerbarsten Wagen. Dreck, Holzsplitter und zerfetzte Leiber wirbelten durch die Luft. Die Schreie Verwundeter, das Wimmern von Sterbenden – aber auch Kommandorufe, es entstand keine Panik, die Aufständischen suchten Deckung und erwarteten den Angriff.

Bislang hatten meist Geschütze gereicht, um die Bauernhaufen in Angst und Schrecken zu versetzen. Aber das würde nun die Angriffswelle erledigen. Die Hauptleute gaben mit der erhobenen Rechten das Angriffszeichen. Wiehernd trabten die Streitrösser an, ihre Reiter fühlten sich überlegen und gaben ihren Tieren die Sporen. Donnernde Hufe, im Sonnenlicht blinkende Rüstungen, gefällte Lanzen. Im vollen Galopp, mit wildem Kriegsgeschrei tobte das Reitergeschwader heran. Gnade kannten sie keine, niemand sollte ihnen entkommen.

Eine Woge aus Hass, Verachtung und Brutalität raste den Haßfurtgrund hinauf auf die Höhe zu, dort wo die Aufständischen ihre Wagenburg noch nicht im Kreis formieren konnten – aber ihre 17 leichten Geschütze standen in Position.

Im Bewusstsein ihres Sieges hielten die Reisige auf die Wagen zu. Da krachten mit einem Schlag die Geschütze des Bauernheeres und ein mächtiger Blitzschlag aus heißen, gezackten Metallstücken zerfetzte Mensch und Tier. Verletzte Pferde bäumten sich wiehernd auf oder wälzten sich am Boden neben ihren zerschlagenen Reitern. Wie mit einem mächtigen Hammerschlag war der Angriff des Reitergeschwaders zerschmettert. Im Jubel der Aufständischen wurden die Geschütze bereits wieder geladen, während die schweren fürstlichen Kanonen ihre Gegner unter Feuer nahmen. Ein neuer Reiterangriff brandete an. Es begann ein blutiges Gemetzel mit Spießen, Schwertern, Streitäxten und –hämmern. Doch immer wieder konnten sich die Aufständischen mit ihrer Geschlossenheit und ihren Geschützen Luft verschaffen – und sogar den obersten Büchsenmeister der fürstlichen Armee töten. Es gelang den Reisigen nicht, die Wagenburg zu überrennen, stattdessen hatten sie hohe Verluste. Aber auch 200 Bauern waren gefallen, mehr als dreimal so viele verwundet. Am Abend zogen sie sich in die Stadt Meinigen zurück. Hans Schnabel wollte in der nächsten Nacht versuchen, mit seinen Kämpfern die Stadt zu verlassen. Im Ring aber entschied man anders. Eine ausweglose Situation. Von einer großen Übermacht umzingelt, kapitulierte Meinigen zwei Tage später. Es folgte das Blutgericht der Fürsten. Zu den vielen, die hingerichtet wurden, zählten auch die Bauernführer Hans Schnabel und Hans Schar. Sie wurden geköpft und ihre Schädel auf Spieße gesteckt.

Um den Aufstand niederzuschlagen, konzentrierten die Fürsten ihre Kräfte auf Franken. Deshalb mussten die Bauern Einheiten von der Belagerung Würzburgs abziehen. Götz von Berlichingen machte sich bei dieser Gelegenheit aus dem Staube.

Auf dem Turmberg bei Königshofen kam es am 2. Juni zur Schlacht. Die Bauern waren in jeder Hinsicht unterlegen, der Kampf endete in einem Massaker, 7.000 Erschlagene bedeckten die Felder. Nun marschierte das Fürstenheer auf Würzburg und die Aufständischen waren Gezwungen die Belagerung aufzugeben um sich gegen die heranrückenden Truppen zu wenden. Doch Unsicherheit griff um sich, viele warfen ihre Waffen weg und verschwanden. Knapp 4.000 Entschlossene blieben übrig und stellten sich am 4. Juni auf den kahlen Feldern bei den Dörfern Giebelstadt und Ingolstadt dem Heer der Fürsten. Das begab sich zwischen den Schlössern von Florian Geyer, der wegen Verhandlungen in Rothenburg weilte und nicht miterlebte, wie der letzte fränkische Bauernhaufen bis auf den letzten Mann aufgerieben wurde. Seine beiden Schlösser wurden dabei in Trümmer geschossen. Aber selbst in den brennenden Ruinen setzten sich die Aufständischen noch zur Wehr und warfen Mauerreste auf die Angreifer. Von den 600 des Schwarzen Haufens überlebten nur 200 Verwundete. Florian Geyer selbst wurde am 10. Juni im Gramschatzer Wald bei Würzburg in einem Hinterhalt ermordet.