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Wann
14.05.23 – Beginn: 14:30 Uhr

Wo
Lutherplatz

Veranstaltungskategorie(n)


Menschen wie du und ich, die von Verhältnissen geprägt waren, die sie verändern wollten oder mussten ist die heutige Wirklichkeit zu verdanken. Daran will Bernd Langer mit seinen Stadtrundgängen erinnern.

Ausgehend vom Klassenkampf des 19. Jahrhunderts, der im großen Holzarbeiterstreik des Jahres 1896 einen Höhepunkt fand, bis zum antifaschistischen Widerstand, lässt sich die historische Auseinandersetzung in Bad Lauterberg konkret erläutern.

In der Kneippstadt stieß die bürgerliche Welt mit der proletarischen aufeinander. Ende des I. Weltkrieges entstand hier eine radikale sozialistische Bewegung, die zunächst in der USPD organisiert war. Die Abwehr des ersten rechtsradikalen Umsturzversuchs, dem Kapp-Putsch im März 1920, brachte eine weitere Radikalisierung. Eine Arbeiterwehr übernahm in der Stadt die Kontrolle und gab ihre Waffen erst ab, nachdem die Reichswehr anrückte. In der Folge kam es zum Aufleben der KPD, die in Bad Lauterberg zu einer tonangebenden Partei wurde.

Dazu waren die Verhältnisse weiterhin von sozialer Not geprägt. 1923, im Jahr der Hyperinflation, kam es zu Hungerkrawallen. Läden und Wohnungen wohlhabender Bürger wurden gestürmt und geplündert. Daraufhin gründeten ehemalige Frontsoldaten aus dem Bürgertum eine Ortsgruppe des Stahlhelm Bundes. Politisch verhärten sich die Fronten immer weiter, insbesondere nachdem Ende der 1920er Jahre die NSDAP auf den Plan trat. In der Stadt führte das zu heftigen Konfrontationen, die am 9. April 1932 in einer Straßenschlacht am Postplatz eskalierten.

Auch gegen die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 leisteten die Kommunisten Widerstand. Es gab den Versuch zu einem Generalstreik, der mit dem Einsatz von Polizei und SA-Hilfspolizei brutal beendet wurde. Bis 1934 war die illegale KPD-Struktur zerschlagen, hunderte Menschen verhaftet. Viele kamen nach kurzer Zeit wieder auf freien Fuß, andere für Jahre in Gefängnisse oder Lager. Allein in der Kernstadt wurden mindestens 53 Personen zu Gefängnis- bzw. Zuchthausstrafen verurteilt und / oder in KZ‘s überführt. Mindestens fünf Antifaschisten aus Bad Lauterberg ließen ihr Leben.

Bereits vor dem II. Weltkrieg errichteten die Nazis im Odertal die Schickert-Werke. Den größten Produktionsstandort für „T-Stoff“, dem Treibstoff für Torpedos, U-Boote und den späteren „Vergeltungswaffen“. Das führte zu einem ökonomischen Aufschwung.

Doch zum Kriegsende, im April 1945, wurde Bad Lauterberg Schauplatz eines viertägigen, erbitterten Kampfes zwischen letzten Wehrmachtseinheiten und US-Truppen.

Wiederaufbau und Verdrängung prägten die ersten Jahrzehnte im Nachkriegsdeutschland. Bad Lauterberg lag jetzt unmittelbar am Grenzzaun zur DDR. Viele aus den Ostgebieten Vertriebene wurden angesiedelt und verändern die soziale Struktur.

Politisch schien hingegen vieles beim Alten zu bleiben. In den 1950er Jahren kam es in Bad Lauterberg zum Prozess gegen die örtliche FDJ-Gruppe, die trotz Verbot weiter agierte. Einige Haftstrafen wurden verhängt. Auch die KPD, die sich nach dem Krieg wiedergründete, wurde 1956 verboten. Mit dem „Antifaschistischen Arbeitskreis Bad Lauterberg“, der von 1978 bis 1985 existierte, begann die Aufarbeitung dieser Geschichte.

Ein Verständnis der Vergangenheit ist hilfreich, um die Gegenwart zu verstehen und die Zukunft zu gestalten. Schließlich bleibt die Gesellschaft einem ständigen Wandel unterworfen. Es ist lange nicht gesagt, dass Menschenrechte und ein humanes Miteinander die Zukunft bestimmen werden. Entwicklungen sind in viele Richtungen möglich. Deshalb steht die Geschichte der Weimarer Republik bis 1945 im Mittelpunkt der Rundgänge. Der Klassenkampf mündete in den Antifaschismus, zu dessen Zielen die politische und soziale Gleichberechtigung aller Menschen zählt. Kern des Antifaschismus ist der demokratische Prozess, im Sinn einer aktiven gesellschaftliche Teilhabe und Weiterentwicklung.

Dazu wollen die Stadtrundgänge einen Beitrag leisten.